Das 1986 eingestellte Darmstädter Tagblatt war eines der ältesten Periodika und gehört zu den am längsten kontinuierlich herausgegebenen (Tages-)zeitungen im deutschen Sprachraum. Es fungierte als wichtigstes Leitmedium in Darmstadt und der Region Südhessen. Die unterschiedlichen Erscheinungsformen – angefangen mit dem wöchentlichen „Darmstädtischen Frag- und Anzeigungsblättgen“ – repräsentieren die Entwicklung und den Wandel der Presse von den frühen Anfängen bis hin zum Massenmedium des 20. Jahrhunderts.
Erscheinungsformen des Darmstädter Tagblatts mit Erscheinungsverlauf:
Darmstädtisches Frag- und Anzeigungs-Blättgen (1740–1785)
Darmstädtisches Frag- und Anzeigungs-Blatt (1785– 1803)
Darmstädtisches Frag- und Anzeige-Blatt (1803–1835)
Darmstädter Frag- und Anzeigeblatt (1835–1873)
Darmstädter Tagblatt (1874–1941; 1949–1986)
Aufgrund des deutlich regionalen Zuschnitts sind besonders die Ausgaben des 18. Jahrhunderts eine wichtige Quelle für die Landesgeschichte der alten Landgrafschaft Hessen-Darmstadt. Eine über längere Zeiträume etablierte Binnenstruktur mit gleichbleibenden Rubriken (z.B. Lebensmittelpreise) liefert serielle Daten als Grundlage für sozial- und wirtschaftsgeschichtliche Fragestellungen. Das hier überlieferte wertvolle statistische Material steht nach der Digitalisierung nicht allein der Regionalforschung, sondern auch für vergleichende Studien zur Verfügung. In gleicher Weise können die Gäste- oder Passagierlisten, in denen die in Darmstadt übernachtenden auswärtigen Personen namentlich aufgeführt sind, in der Zusammenschau mit externen Quellen zur Erforschung frühneuzeitlicher Mobilität herangezogen werden.
Im 19. Jahrhundert fanden zunehmend Lokal- und Regionalnachrichten, aber auch feuilletonistische Inhalte, Eingang in das Blatt, bis 1874 der nachhaltige Wandel von Inhalt und Form zu einer modernen Tageszeitung mit dem Wechsel zum neuen Titel Darmstädter Tagblatt abgeschlossen wurde.
1941 wurde die Zeitung auf Anordnung der Reichspressekammer eingestellt. 1945 erhielt das “Darmstädter Echo” als erste Tageszeitung in Darmstadt nach dem Krieg eine Lizenz der amerikanischen Militärregierung und blieb bis zum Wiedererscheinen des Darmstädter Tagblatts 1950 die dominierende Zeitung in Südhessen. In den nächsten Jahrzehnten konkurrierten beide Zeitungen mit ähnlichen Angeboten auf dem engen Zeitungsmarkt der Region. Bis zur Einstellung des Tagblatts 1986 bietet die Zeitung eine erstrangige Quelle für die regionale Rezeption globaler Phänomene und Ereignisse wie auch für lokale Diskurse zu aktuellen Themen aus dem Rhein-Main-Gebiet.