Kurzbeschreibung
Die Provenienzforschung analysiert die Herkunft von Kultur- und Kunstobjekten. Die Forschung nach NS-Raubgut befasst sich mit Kunstwerken und Büchern, die ihren EigentümerInnen unrechtmäßig in der Zeit des Nationalsozialismus entzogen wurden. Dies betrifft sowohl verfolgte Institutionen als auch verfolgte Privatpersonen. Politischer Hintergrund der Provenienzforschung sind die Washingtoner Prinzipien, die 1998 auf einer internationalen Tagung definiert wurden. 44 Staaten sowie Nichtregierungsorganisationen formulierten das Ziel, geraubte Kulturobjekte zu identifizieren, zu dokumentieren und faire Lösungen der Rückgabe anzustreben.
Das auf zwei Jahre angelegte Projekt in der ULB wird vom Deutschen Zentrum Kulturgutverluste gefördert. Untersuchungsgegenstand sind die zwischen 1945 und 1949 neu formierten Bestände der Bibliothek. Die ausgewählten Bestände enthalten in der NS-Zeit sekretierte, verbotene Literatur, die nach der Bombardierung Darmstadts 1944 in der größtenteils zerstörten Bibliothek erhalten geblieben ist. Zudem umfasst das Korpus Bücher, die nach dem Krieg für den zügigen Wiederaufbau der Bibliothek aus unterschiedlichen Quellen zusammengetragen wurden. Dabei ist über Umwege sogenanntes „sekundäres Raubgut“ nach 1945 in den Bestand gelangt.
Das Projektteam untersucht per Autopsie ca. 40.000 Titel auf Provenienzmerkmale wie Autogramme, Exlibris, Stempel und Notizen. Danach erfolgt eine Recherche nach den VorbesitzerInnen, insbesondere in Archivdatenbanken, außerdem werden die Signaturen von verdächtigen Fällen oder erwiesenen Raubgutfällen mit den Eintragungen in erhaltenen Zugangsbüchern der Bibliothek abgeglichen. So können Erwerbungsstrukturen erforscht und soweit möglich rekonstruiert werden. Die Befunde werden im Onlinekatalog dokumentiert sowie in Aufsätzen und Vorträgen der Öffentlichkeit präsentiert.
Die Ergebnisse des Projekts dienen der Vorbereitung von Restitutionen an VorbesitzerInnen, deren ErbInnen oder Rechtsnachfolgende bzw. das Finden „gerechter und fairer Lösungen“ im Sinne der Washingtoner Prinzipien.
Projektstatus
01.08.2022 – 31.07.2025
Förderung
Gefördert durch das Deutsche Zentrum Kulturgutverluste