Die seit dem 16. Jahrhundert getroffenen Religionsfriedensregelungen waren richtungsweisend für die langfristige Etablierung konfessioneller und religiöser Koexistenz im neuzeitlichen Europa. Sie stellen zudem einen wesentlichen Baustein für die Herausbildung europäischer Staatlichkeit dar. Religionsfriedensregelungen waren sowohl in politischen als auch in gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Kontexten wichtig. Dafür bediente man sich unterschiedlicher Rechtsformen wie Verträge, Edikte oder Mandate.
Ziel des Langfristprojekts ist es, der Forschung europäische Religionsfriedensregelungen in einer kritischen digitalen Edition zur Verfügung zu stellen und im Internet frei zugänglich (open access) zu machen. Dadurch wird es erstmals möglich, die Entwicklung von Religionsfriedensregelungen im »Kommunikationsraum Europa«, ihre textlichen Abhängigkeiten sowie ihre Rezeption und Wirkung über Kulturräume hinweg vergleichend zu verfolgen. In dem Projekt arbeiten Theologie und Geschichtswissenschaft eng mit den Digitalen Geisteswissenschaften (Digital Humanities) zusammen.
Das Projekt ist auf 21 Jahre angelegt und hat ein Fördervolumen von 325.000 € pro Jahr, mit Arbeitsstellen in Mainz und Darmstadt. Die Projektleitung liegt bei Prof. Dr. Irene Dingel, Direktorin des IEG (Abteilung für Abendländische Religionsgeschichte), und Prof. Dr. Thomas Stäcker, Direktor der ULB Darmstadt.
Die ULB Darmstadt wird als Projektpartner mit ihrem neu gegründeten Zentrum für digitale Editionen (ZEiD) vor allem die digitalen Komponenten betreuen. Das Vorhaben ist dem Leitgedanken einer auch auf EU Ebene propagierten Open Science verpflichtet, gemäß der Daten und Dokumente sowie entstehende Software in Orientierung an den sogenannten FAIR Prinzipien (Findable, Accessible, Interoperable und Re-usable) frei zur Verfügung gestellt werden. Beabsichtigt ist die Weiterentwicklung des Konzeptes der klassischen historisch-kritischen Edition mit digitalen Mitteln. Das über eine virtuelle Forschungsumgebung ermöglichte gemeinsame Edieren lässt sich auf diese Weise als permanenter Prozess des Wissens- und Erkenntniszuwachses gestalten, die Editionstechnik auf eine neue Stufe heben und bestehende Standards weiterentwickeln. Dabei sollen Konzepte des Semantic Web ebenso Berücksichtigung finden wie Techniken des Textmining oder der Informationsvisualisierung.
Der Beschluss von Bund und Ländern, das auf 21 Jahre angelegten Forschungsvorhaben zu fördern, wird Darmstadt als Standort für digitale geisteswissenschaftliche Forschung weiter stärken und Impulse setzen für die Anwendung neuer Methoden im Bereich der digitalen Editorik und Publikation.