Die Keyserlings

Der Lebens- und Kulturphilosoph Hermann Graf Keyserling erlangte durch sein „Reisetagebuch eines Philosophen“ (1918) und als Gründer der „Schule der Weisheit" (1920) Berühmtheit. Er gehört zu den facettenreichsten Gestalten im Kulturleben der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Sein Großvater Alexander Graf Keyserling (1815-1891) war ein bekannter Naturwissenschaftler und Forschungsreisender.

Hermann Graf Keyserling

Was mich hinaustreibt in die weite Welt, ist eben das, was so viele ins Kloster getrieben hat: die Sehnsucht nach der Selbstverwirklichung.

Hermann Graf Keyserling - Fotografie

Geboren am 20.07.1880 in Könno (Livland)
Gestorben am 26.04.1946 in Innsbruck (Österreich)
Verheiratet mit Goedela (1896-1981), geborene Bismarck-Schönhausen
Kinder: Manfred (1920-2008); Arnold (1922-2005)

Zu Beginn der 1920er Jahre genoss Keyserling als philosophierender Weltbürger eine enorme Popularität. Auf zahlreichen Reisen erschloss er die Lebenswelten inner- und außerhalb Europas, leistete einen bedeutenden Beitrag zur interkulturellen Verständigung und pflegte einen intensiven geistigen Austausch sowie einen unermüdlichen Briefwechsel mit bedeutenden Zeitgenossen. Seine Wirkung resultierte nicht allein aus zahlreichen, in mehreren Sprachen verfassten Werken, Schriftenreihen und Aufsätzen, sondern auch aus einer regen Vortragstätigkeit im In- und Ausland und schließlich der 1920 in Darmstadt gegründeten „Schule der Weisheit“. Zu den regelmäßig veranstalteten Tagungen kamen namhafte Persönlichkeiten der Zeit, darunter Rabindranath Tagore, Carl Gustav Jung, Leo Frobenius, Ernst Troeltsch und Max Scheler.

Als international gesinnter Denker verstand Keyserling die „Schule der Weisheit“ als Initiative zu einer globalen kulturellen Erneuerung. Mit diesem Impuls ging er als bemerkenswerte, aber auch umstrittene Integrationsfigur in die Geistesgeschichte des 20. Jahrhunderts ein. Die Nationalsozialisten sahen in Keyserling schon früh einen Staatsfeind, den sie mit weitreichenden Maßnahmen vom Rede- bis zum Ausreiseverbot in den existentiellen Ruin trieben. 1939 wich Keyserling zu seiner Schwiegermutter, Marguerite Fürstin von Bismarck, aus und ging 1943 nach Tirol.

Geboren am 15.08.1815 in Kabillen (Kurland),
Gestorben am 08.05.1891 in Rayküll (Estland)
Verheiratet mit Gräfin Zenaide von Cancrin (1821-1885)

Der Großvater des Philosophen Hermann Graf Keyserling studierte in Berlin. Dort freundete er sich mit Otto von Bismarck an und Alexander von Humboldt wurde sein Förderer. Als Universalgelehrter interessierten ihn auch geisteswissenschaftliche Themen Er beschäftigte sich mit philosophischen, pädagogischen und theologischen Fragen sowie mit Politik und Rechtsfragen. Am russischen Kaiserhof fungierte er als Berater der Zarenfamilie und Reisebegleiter der Großfürstin Helene.

Alexander Graf Keyserlings Konvolut kam als Kryptonachlass mit den Hermann-Keyserling-Materialien nach Darmstadt.

Nach seinem Tod betreute Keyserlings Witwe, Goedela Gräfin Keyserling, den Nachlass und führte wesentliche Nachlassteile zusammen. 1965 nahm sie das Angebot der Stadt Darmstadt an, mit dem Nachlass von Innsbruck nach Darmstadt überzusiedeln.

Mit dem Tod der Gräfin ging der Hermann-Keyserling-Nachlass in in das Eigentum der Stadt Darmstadt über. Diese übergab ihn als Depositum der Universitäts- und Landesbibliothek Darmstadt. Die Erschließung des weitgehend ungeordneten Konvoluts erfolgte in den 1990er Jahren als gefördertes Projekt der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG).

Der vorliegende Hermann-Graf-Keyserling-Nachlass ist außergewöhnlich umfangreich und gehört zu den materialreichsten deutschen Nachlasssammlungen der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.
Wichtig für die Forschung ist die internationale Korrespondenz Keyserlings mit herausragenden Persönlichkeiten aus Adel, Kultur, Politik, Wissenschaft und Wirtschaft sowie die zahlreichen Werk-, Vortrags- und Aufsatzmanuskripte, Tage- und Notizbücher sowie Karikaturen und Zeichnungen des Philosophen..
Einige Dokumente geben Auskunft über Keyserlings Widerstand gegen die Nationalsozialisten und die darauf folgenden staatlichen Maßnahmen (Rede-, Publikations- und Ausreiseverbote). Materialien zur „Schule der Weisheit“ und zur „Gesellschaft für Freie Philosophie“, viele Fotos, Zeitungsartikel, Bücher aus Keyserlings Bibliothek, seine Totenmaske sowie ein Abdruck seiner Hand runden den Bestand ab.

Alexander Graf Keyserlings Konvolut kam als Kryptonachlass mit den Hermann-Keyserling-Materialien nach Darmstadt. Zum Nachlass gehören Manuskripte und Tagebücher, Briefe von und an Alexander Keyserling, gebundene Briefbücher und -sammlungen, Lebensdokumente anderer Personen sowie diverse Konvolute wie Dokumente zum Gut Rayküll und seiner Geschichte (ab dem 17. Jahrhundert).

Wohnsitz auf der Mathildenhöhe

Gräfin und Graf Keyserling mit Rabindranath Tagore

Der Großvater - Alexander Graf von Keyserling