Forschungsbasis
In diesem Projekt wird der Zugang in der Erwerbung nach 1945 untersucht. Auch in der Nachkriegszeit sind Bücher von Verfolgten in die Bestände der ULB gelangt, insbesondere vermittelt über Antiquariate, Privatpersonen oder Sammelstellen der Alliierten. Das wird als „sekundäres Raubgut“ bezeichnet.
Dass die NS-Zeit nicht in den Mittelpunkt der Untersuchung gestellt wird, ist in der Bestandsgeschichte der ULB begründet. Die frühere Landesbibliothek hatte erhebliche Verluste durch einen Bombenangriff am 11. September 1944 erlitten und versuchte, die entstandenen Lücken durch kostengünstige Erwerbungen in der Nachkriegszeit wieder zu füllen. Wie Stichproben zeigten, gelangten dabei große Mengen von NS-Raubgut in die Bibliothek. Von den vor 1945 erworbenen Raubgut-Büchern ist dagegen anzunehmen, dass die meisten beim Bombenangriff vernichtet wurden. Eine Ausnahme bildet damals sekretierte verbotene Literatur, die erhalten geblieben und damit Teil der Untersuchung ist.
Basis des Forschungsprojektes ist der Bestand der früheren Landesbibliothek, der nach der Zerstörung 1945-1949 neu formiert wurde. Das betrifft die als Numerus Currens aufgestellten Signaturgruppen 45/ bis 47/ und 49/, insgesamt ca. 40.000 Bände. Es wird direkt am Regal Einsicht in die Bücher (Methode der Autopsie) genommen und nach Provenienzmerkmalen der Vorbesitzer:innen wie Exlibris, Stempeln und Ähnlichem gesucht. Weitere Quellen sind Zugangsbücher der Bibliothek, die Angaben zu Lieferanten enthalten – nicht immer zuverlässig – sowie Archivquellen und einschlägige Datenbanken.
Projektziele
- Systematische Identifizierung von NS-Raubgutbüchern
- Dokumentation der Provenienzen im Bibliothekskatalog und in einschlägigen Datenbanken
- Vorbereitung des Abschlusses von Restitutionen oder anderen „gerechten und fairen Lösungen“ (Washingtoner Prinzipien) mit Erb:innen bzw. Rechtsnachfolgenden
Mit den Objektbiografien der Bücher werden auch die Biografien der Menschen hinter den Büchern, ihre Verfolgungsschicksale, rekonstruiert und dokumentiert.
Die Provenienzlisten geben einen Überblick über die ermittelten Personen und Institutionen.
Vorträge und Ausstellung
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Geschenkt oder geraubt? Darmstädter Bücherschicksale in der NS-Zeit
MIt diesem Vortrag nimmt die ULB Darmstadt am Tag der Provenienzforschung teil. Am 09. April 2025 um 17:00 Uhr lädt das Provenienzforschungsteam in den Vortragssaal der ULB Stadtmitte ein.
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Beschlagnahmt. Verschleiert und vergessen
Die Ausstellung (10.04. bis 23.06.2024) zu NS-Raubgut in der Universitäts- und Landesbibliothek deckt nicht nur die Rolle der Bibliothek zu diesem Thema auf. Die persönlichen Schicksale, die hinter den Beschlagnahmungen stehen, bleiben auch im Gedächtnis. Im Juni finden Führungen statt.