Der Rotary-Club Darmstadt-Bergstraße ermöglicht die Restaurierung eines seltenen Buches der ULB Darmstadt über die Reitkunst

29.05.2020

Mit seinem meisterhaft illustrierten Werk über die gewaltfreie und partnerschaftliche Zusammenarbeit von Menschen und Pferd setzte Antoine de la Baume Pluvinel im 17. Jahrhundert neue Maßstäbe. Mit finanzieller Unterstützung des Rotary Clubs Darmstadt- Bergstraße war es nun möglich, eine beschädigte, seltene erste Ausgabe dieses Werkes aus dem Jahre 1626 zu restaurieren und somit wieder der Benutzung und Forschung zugänglich zu machen.

Der Band ist Teil der bedeutenden „Freiherrlich von Closen-Günderrodische Fideikommiß-Bibliothek“, welche eine ungewöhnlich geschlossene Überlieferung einer hessischen Privatbibliothek mit universalem Anspruch darstellt und einige Schätze wie den „Pluvinel“ beherbergt. Die Bibliothek wird derzeit fachgerecht neu katalogisiert, wobei diese wertvolle Ausgabe zum Vorschein kam.

Antoine de la Baume Pluvinel wurde im Jahre 1552 in Crest in der Dauphiné geboren. Die Reitkunst erlernte er 1571/72 in der Neapolitanischen Reitschule bei Giovanni Pignatelli. Im Gegensatz zu seinem Lehrmeister, der mit Zwang und Kandaren (eine davon wurde nach ihm benannt) arbeitete, sah Pluvinel das Pferd als ein sensibles und intelligentes Wesen, das immer mit Respekt, Lob und Geduld behandelt werden müsse, um Verletzungen des Tiers und des Reiters zu vermeiden.

Damit revolutionierte Pluvinel die damaligen Auffassungen zur Reitkunst, indem er die vorherrschende strenge und strafende Art ablehnte und eine gewaltfreie Behandlung der Pferde, welche von Verständnis und Lob geprägt war, propagierte.

Nach diesen Grundsätzen gründete und führte Pluvinel als Reitlehrer des späteren Königs von Frankreich Ludwig XIII. im Jahre 1594 die französische Hofreitschule „Academie d’Equitation“ am Platz der Pyramiden in Paris.

Neben dem Reiten wurden in dieser Reitschule auch höfischer und aristokratischer Benimm sowie die richtige Art sich zu kleiden und zu tanzen unterrichtet.

Seine Erkenntnisse wurden in dem Werk „Le Maneige Royal“ veröffentlicht, welches erst nach seinem Tod im Jahre 1620 zweisprachig (französisch und deutsch) erschien und auch durch die exquisiten Kupferstiche von Crispyn van de Passe (1597-1670) zu einem Grundlagenwerk der höfischen Reitkunst erwuchs. Der Band ist in der Art eines fiktiven Dialogs des unterrichteten Königssohns und des Reitlehrers geschrieben und lehrt neben der Technik die Ehrfurcht vor der natürlichen Anmut der Pferde, welche es durch die richtige Reitkunst herauszuarbeiten gilt.

Durch die großzügige Spende des Rotary-Clubs über 1.000 € war es möglich, den beschädigten Einband und die zahlreichen Risse und Fehlstellen im Buchblock durch eine Papierrestauratorin fachgerecht versorgen zu lassen.

Hierfür wurde der ganze Band zuerst gründlich mit einem Latexschwamm trockengereinigt, um dann die mechanischen Beschädigungen im Papier mit dünnem, langfasrigem Japanpapier aus Kozo (Maulbeerbaum) und frischgekochtem Weizenstärkekleister zu schließen und zu ergänzen. Für die Beschädigungen am Pappeinband aus Kiebitzpapier wurde ein farblich passendes Buntpapier unterlegt. Größere Fehlstellen, wie z.B. am Titelblatt wurden mit einem handgeschöpften Hadernpapier aus Baumwolle unterlegt.

Ein alterungsbeständiges Schutzbehältnis aus Wellkarton schützt den konservierten Band, um ihn weitere Jahrhunderte überdauern zu lassen.

Seit kurzem können die herausragenden Illustrationen und erstaunlich modernen Texte auch online in einer digitalen Reproduktion der ULB gelesen und bewundert werden:

http://tudigit.ulb.tu-darmstadt.de/show/Gue-7950/